Burson Marsteller CEO Alexander Fink: Große internationale Unterschiede in der PR-Arbeit

Für die Gesellschaft PR-Agenturen (GPRA) sind Nachwuchsförderung und die gezielte Verbesserung des Images von Kommunikationsagenturen gegenüber Studierenden wichtige Ziele der Verbandsarbeit. Mehrfach hat der Verband betont, dass Agenturen ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern und künftig stärker im Sinne eines Employer Brandings am Markt agieren wollen. Eine konkrete Maßnahme setzt die GPRA in 2016 in Kooperation mit dem „PR-Journal“ um. Monatlich stellt sich ein Agenturchef der GPRA den Fragen von Studierenden, die sich in den Initiativen in Hannover (PRSH), Leipzig (LPRS), Mainz (kommoguntia) und Münster (campus relations) engagieren. Die haben damit die Gelegenheit, alle Fragen über das Agenturgeschäft zu stellen, die sie für relevant halten. In der siebten Folge stellte sich Alexander Fink (Foto r.), CEO von Burson Marsteller Germany in Frankfurt am Main, den Fragen von Ruth Karner (l.), Studentin des Masterstudiengangs Unternehmenskommunikation in Mainz und bei kommoguntia engagiert.

kommoguntia: Sie haben unter anderem Geschichte studiert. Welche historische Persönlichkeit hätten Sie gerne beraten?
Alexander Fink: Friedrich II., den Staufer. Weil er so große Visionen hatte, dass die ganze Nachwelt ihm nicht nachgekommen ist. Permanent durch Verrat seine treuesten Berater zu verlieren, gegen ganz große Gewalten zu kämpfen, gleichzeitig der Kampf gegen die Kirche – das waren richtige Herausforderungen.

kommoguntia: Denken Sie, es ist heutzutage für Studierende noch möglich, mit einem solchen Studium in die Branche einzusteigen?
Fink: Absolut. Das Studium ist die eine Seite, die praktische Komponente die andere. Fächer wie Geschichte oder Jura befähigen komplexe Zusammenhänge zu erkennen. Aus diesem Verständnis heraus bringt man gute Voraussetzungen mit, komplizierte Kundensituationen oder Entwicklungen in der Branche zu analysieren. Natürlich muss man in der Lage sein, das Ganze in Kommunikation umzusetzen. Ich denke aber nach wie vor, dieses Querdenken tut uns sehr gut. Wenn jemand Kommunikation studiert hat, bedeutet das nicht, dass er automatisch bessere Startvoraussetzungen mitbringt.

kommoguntia: Lohnt es sich dann überhaupt, Kommunikation zu studieren?
Fink: Ja, das soll gar nicht in Abrede gestellt werden. Aber es ist die Mischung aus Ausbildung auf der einen und beruflicher Praxis auf der anderen Seite, die den Ausschlag gibt.

kommoguntia: Ein Traineeship ist also Pflicht?
Fink: Traineeship ist für uns der Goldstandard. Darauf legen wir sehr viel Wert und kämpfen komischerweise immer mit Vorurteilen, was Agenturen betrifft. Unser Traineeship hat allein zwölf Trainingsmodule, das ist eine richtige Ausbildung. Das macht Agenturen extrem begehrenswert. Zum Teil vermitteln wir es noch nicht richtig, aber das ist eine der zukunftsreichsten Ausbildungen, die man heute machen kann.

kommoguntia: Trotzdem hat sich die ganze Branche in den letzten Jahren zunehmend akademisiert. Sehen Sie eine qualitative Veränderung?
Fink: Die Ausbildungen sind in den letzten Jahren praxisorientierter geworden. Das geht sehr stark über FHs und Ausbildungen wie zum Beispiel Kommunikationsfachwirte. Zugleich ist der Austausch zwischen Universitäten, Unternehmen und Agenturen stärker geworden. Das hat sich schon erheblich verändert. Der Austausch kann aber nach wie vor noch intensiver werden.

kommoguntia: Ist PR für Sie Handwerk oder Wissenschaft?
Fink: Für uns ist es ein Handwerk – ein faszinierendes. Aber hoffentlich immer im regen Austausch mit der Wissenschaft. Wenn PR Wissenschaft ist, dann bin ich ein Kommunikationswissenschaftler. Dann gehe ich auch nicht in eine Agentur oder ein Unternehmen.

kommoguntia: Sie haben einmal eine eigene Agentur gegründet. Was wollten Sie damals anders machen?
Fink: Auch wenn ich heute in einer Netzwerkagentur bin, war es natürlich charmant, auch mal keine langen Abstimmungsprozesse zu haben und Entscheidungen schnell treffen zu können. Wobei für mich auch damals schon die internationale Anbindung entscheidend war.

kommoguntia: Was sind Ihrer Ansicht nach die größten Unterschiede im Arbeitsalltag zwischen einer nationalen und einer internationalen Agentur?
Fink: Wir können wesentlich besser Best Practices aus anderen Märkten vergleichen. Die Herangehensweisen sind nach wie vor extrem unterschiedlich. Das fängt schon an, wenn Sie Medienarbeit in Großbritannien und Deutschland vergleichen. Oder wenn Sie sich die US-Kollegen beim Thema Integration von digitalen Konzepten anschauen. Da sind wir leider immer noch zwei, drei Jahre dahinter. Es ist auch faszinierend zu sehen, wie eine Kommunikationskampagne in Nigeria funktioniert. Wie eine Branche tickt, wo man gewisse Aufgabenstellungen in einem anderen Markt schon mal vorgefunden hat und wie man damit umgegangen ist – da ist einfach ein unglaubliches Wissen vorhanden. Diesen Austausch muss man pflegen und je besser man das macht, desto erfolgreicher ist man. Das muss man auch sehr intensiv an die Mitarbeiter geben. Wir verschenken den größten Vorteil, wenn wir uns benehmen wie eine lokale Agentur. Englisch ist auch noch ein großer Unterschied: Wir haben mindestens 50 Prozent Englischanteil an der Tagesarbeit.

kommoguntia: Ordnen Sie diese drei Begriffe nach ihrer Relevanz für die Profession: Wissen, Talent, Erfahrung.
Fink: Talent, Erfahrung, Wissen. Die Branche ändert sich so dramatisch, dass unser Verständnis von Kommunikation herausgefordert wird. Unternehmen müssen heute mit ihren Zielgruppen komplett andere Schnittflächen finden. Die alten Kanäle funktionieren nicht mehr, aber was sind die neuen Wege? Ich brauche Leute, die dieses Gespür mitbringen, deswegen ist Talent so wichtig. Ich versuche, das aus den Leuten herauszukitzeln. Bei Interessenten schauen wir neben Hobbys, Erfahrungswerten und Praktika auch auf den Charakter: Bin ich offen und flexibel, mit komplizierten Situationen umzugehen? Neugierde und eine Offenheit für Veränderungen müssen da sein. Ob man das lernen kann – ich glaube, zum Teil schon. Bei Agenturen geht das alles ein bisschen schneller: In einem halben Jahr kann ich so viel Krisen erlebt haben, dass ich sattelfest bin. Aber das ist nichts, was ich in ein Lehrbuch schreiben kann.

Das Interview ist erschienen im: www.pr-journal.de

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