Achtsam und kreativ kommunizieren

Markenkommunikation in Zeiten des Coronavirus ist unberechenbar – es lassen sich jedoch Lehren aus Gesundheitskrisen der Vergangenheit und aus den Erfahrungen in den aktuell betroffenen Märkten ziehen.

Autorenartikel von Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, CEO and Market Leader Germany bei BCW Burson Cohn & Wolfe

Nahezu stündlich erreichen uns heutzutage Meldungen aus aller Welt rund um den Ausbruch des Coronavirus – sei es aus dem medizinischen Bereich, aus Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft. Viele Nachrichten sind erschreckend, viele machen Mut – Berichte beispielsweise über Nachbarschaftshilfe, über pragmatische Lösungen abseits der üblichen Bürokratie oder über erste Erfolgsmeldungen aus China, wo der Verlauf der Krankheit seinen Anfang nahm.

Vieles rund um das neue Virus Covid 19 ist noch im Unklaren: Wann der erste Impfstoff zur Verfügung steht. Wie erfolgreich die Pandemie verlangsamt werden kann. Und welche wirtschaftlichen Folgen sich aus der Krise ergeben. Diese Ungewissheit, gepaart mit der realen und potenziellen Belastung der Gesundheitssysteme weltweit, stellt alle Gesellschaften auf eine harte Probe.

Auch Unternehmen und Marken stehen vor immensen Herausforderungen, sowohl was die Sicherung ihres Geschäfts als auch was die Kommunikation in der Krise betrifft. Beides ist derzeit ein „Moving Target“ und lässt sich nicht mit letzter Sicherheit planen. 

Eines können wir aber schon heute festhalten:

Wie bei SARS oder jeder anderen globalen Gesundheitskrise wird die Verbreitung des Coronavirus in drei Phasen verlaufen: 1. Akuter Ausbruch, 2. Erholung, 3. Rückkehr zur Normalität oder genauer – zu einer neuen Normalität.


Wie lange diese Phasen dauern bzw. wann ein gewisser Normalitätsgrad erreicht ist, lässt sich nicht vorhersagen. Fakt ist, dass sich Deutschland und die meisten Länder der Erde in Phase 1 befinden –der Phase des akuten Ausbruchs.

Phase 1: Unsicherheit dominiert – klare, ruhige und regelmäßige Kommunikation ist gefragt

Typisch hier: Es geht nicht einfach um die Anzahl der bestätigten Krankheitsfälle, sondern um die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Medien und um das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine in allen gesellschaftlichen Bereichen herrschende Unsicherheit ist das überwiegende Merkmal in diesem Zeitraum. 

In einer Zeit, in der niemand eine klare Vorstellung davon hat, wie sich die Ereignisse entwickeln, und dennoch so viele eine (oft schlecht informierte) Meinung haben, wird die Notwendigkeit einer klaren, ruhigen und regelmäßigen Kommunikation von größter Bedeutung. Dabei lässt sich festhalten: 

In Krisenzeiten tendieren Menschen zu Bewährtem und Vertrautem, und erwarten Transparenz und klare Worte.

Was wir aus der aktuellen Krise wissen ist:

  • Nicht alle Wirtschaftskategorien sind gleich stark betroffen.
  • Das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher ändert sich schnell und signifikant; in China haben beispielsweise 84% der Verbraucherinnen und Verbraucher mindestens eine neue Dienstleistung zum ersten Mal ausprobiert.
  • Das Sicherheitsdenken nimmt massiv zu – bis weit über Schutzmaßnahmen vor dem Coronavirus hinaus.
  • Marken zeigen immer häufiger, wo und wie sie helfen.
  • Der Fokus von Marken liegt auf Produktsicherheit und Experience.
  • Der Medienkonsum verändert sich.
  • Einige Media Investments werden verschoben oder umgeleitet.

Spannende Fragen, die sich daraus ergeben, sind:

  • Verbraucherinnen und Verbraucher greifen zu Online-Angeboten, viele zum ersten Mal. Wie werden die Erfahrungen aus Quarantäne oder das zurückgezogene Smart Working in der Wohnung Katalysatoren für eine weitreichende Verhaltensänderung werden? Insbesondere mit Blick auf neue Technologien.
  • Achtsamkeit, Rücksicht und auch gegenteilige Erfahrungen haben gerade große Aufmerksamkeit. Der Blick richtet sich auf das Wesentliche: Die Gesundheit, die Gemeinschaft, Solidarität. Was bleibt, was wird auch nach der Krise prägend sein?
  • Viele Unternehmen und Marken können sich den Umständen nicht entziehen, beispielsweise im Lebensmitteleinzelhandel. Sie kommunizieren, setzen Zeichen, nehmen uns mit in ihren herausfordernden Alltag in dieser Zeit. Andere Unternehmen ziehen sich erschrocken zurück, finden keinen Weg, sich zu äußern. Wer wird nach der akuten Ausbruchphase leichter den Anschluss finden?

Schweigen ist Gold?

Sicher, die Zeit ist nicht angetan, sich mit Promotion oder konstruierten Geschichten ins Gespräch zu bringen. Es braucht Empathie und die Flexibilität, Kommunikation auf die Situation anzupassen. Wer das kann, hat die Chance, gemeinsam mit der Zielgruppe durch diese Zeit zu gehen und einen besonderen Bund zu schaffen. 

Mit unseren Kundinnen und Kunden bewerten wir aktuell die Möglichkeiten, wie sie ihre Zielgruppen bzw. Stakeholder aktiv und sinnvoll unterstützen können – und analysieren gemeinsam diese vier Handlungsoptionen:

  1. Business geht nicht wie normal weiter, welche Schritte ergreifen Unternehmen zum Schutz von Kundinnen und Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Geschäftskontinuität?
  2. Für Marken, die aus ihrer Positionierung und ihrem Markenkern heraus die „Erlaubnis“ haben: Eine Verstärkung der Botschaften zur Gesundheitsvorsorge – auf Basis von Empfehlungen nationaler oder lokaler Regierungen und öffentlicher Institutionen wie RKI oder WHO.
  3. Helfen, durchzustehen – bei den alltäglichen menschlichen Bedürfnissen derer, die unter der Corona-Krise leiden. Mit Empathie ist hier wertvolle Kommunikation möglich – vor allem für Marken, die mit Botschaften rund um Gesundheit nicht punkten könnten.
  4. Unterstützung der am stärksten vom Coronavirus Betroffenen – idealerweise als Teil einer langfristigen Strategie mit Blick auf diese Gemeinschaften.

Fazit: In der akuten Ausbruchsphase sollten sich Marken und Unternehmen nicht zurückziehen, sondern überlegen, wie sie ihre Stakeholder aktiv und sinnvoll unterstützen können. Sie haben die Aufgabe, Kommunikation zu nutzen, um einer Haltung von „achtsamer Ruhe“ zum Durchbruch zu verhelfen. Und dazu beizutragen, dass die Welt ein etwas besserer Ort wird.

In diesem Sinne: #zuhausebleiben – aber nicht den Kopf in den Sand stecken.

Weiterführende Informationen zum Thema gibt es auch hier: BCW Germany 

Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach ist CEO der Agentur BCW (Burson Cohn & Wolfe), die in Deutschland fünf Büros hat. Seine Herkunft sind die digitale Kommunikation und Social Media, heute beschäftigt er sich vor allem mit strategischer Markenführung und kommunikativer Resilienz.

Wolfgang Lünenbürge Reidenbach

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