Keine Angst vor KI und Automatisierung! 3 Praxisfelder im Porträt

Von Ogilvy Public Relations

Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung in Marketing und PR bleibt oft noch abstrakt. Dabei gibt es bereits konkrete Möglichkeiten, die Vorteile der Technologien zu nutzen: in der Krisenprävention, im Zielgruppen-Targeting und im Storytelling.

Sprachassistenten mit immer präziseren Antworten, die individuelle Playlist auf dem Handy oder das smarte Zuhause, das die Heiztemperatur nach den Vorlieben der Bewohner regelt: Künstliche Intelligenz gehört längst zum Alltag. Aber nehmen Kommunikatoren den Trend ernst? Oder halten sie ihn bloß für einen Hype? Eine aktuelle Studie der SHR Hochschule Berlin hat sich genau damit beschäftigt. Das Ergebnis: 80 Prozent von rund 200 befragten Marketingleitern erachten Künstliche Intelligenz für Unternehmen als wichtig. Im eigenen Betrieb nimmt die Bedeutung allerdings bereits ab. Hier machen sich nur rund 65 Prozent dafür stark. Und wenn es um KI als konkretes Arbeitstool geht, sinkt die Zahl erneut. Nur knapp ein Drittel der Befragten nutzt heute KI. Größte Hürde ist das fehlende Knowhow um die Technologie: Die Marketingleiter schätzen das Wissen ihrer Teams mit drei von zehn Punkten als eher gering ein. Immerhin kommt KI durchaus zum Einsatz, am häufigsten zur Analyse von Kundendaten oder, um mit dem Kunden zu kommunizieren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zusammengefasst: KI steht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, aber es fehlt noch am konkreten Angang. Wir zeigen drei Anwendungsfelder für KI und Automatisierung, die sich leichter als gedacht in bestehende Strukturen von Kommunikationsabteilungen integrieren lassen.

 

1: Krisenprävention

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es ist nicht nur ein Gefühl, dass ein Shitstorm den nächsten jagt. Das Institute for Crisis Management beobachtet seit Jahren einen Anstieg der Kommunikationskrisen. Im Jahr 2019 hat es rund 790.000 Vorfälle registriert. Das ist ein Plus von rund 25 Prozent im Vergleich zu 2016. Keine Überraschung anhand von mehr als 2,7 Milliarden Usern täglich auf Facebook, 134 Millionen auf Twitter und 500 Millionen auf Instagram. Ein einziger Post, ein Bild oder ein Tweet reichen aus, um in rasender Geschwindigkeit einen Shitstorm auszulösen.

Je schneller ein Unternehmen den Auslöser wahrnimmt, umso eher kann es reagieren und steuernd eingreifen. Das Horrorszenario, dass abends ein Issue aufkommt, der sich bis zum nächsten Tag unbemerkt zur Krise auswächst, wird dank KI unwahrscheinlicher. Denn moderne Tools erkennen auf Basis maschinellen Lernens Muster in Daten und schlagen bei auffälligen Ausreißern Alarm. Und zwar in Echtzeit. Zu Clustern kategorisiert werden zum Beispiel Fanwachstum, Reichweite, Interaktion oder Sentiment. Bei Letzterem erfasst die KI in Blogs und Foren die Stimmung in Bezug auf eine Marke oder ein Unternehmen und ist in der Lage, positive von negativer Stimmung zu unterscheiden. Ebenfalls bewährt haben sich KI-basierte Tools zur Bilderkennung: Herkömmliche Verfahren benötigen eine Erwähnung im Text oder ein gut platziertes Logo oder Produkt. Auf Basis von KI lassen sich Objekte hingegen auch in reinen Bildern und Videos von Usern erkennen – und das Unternehmen kann bei Missbrauch des Brandings oder diffamierenden Beiträgen rechtzeitig aktiv werden. Klar ist aber auch: KI hilft, mögliche Krisenauslöser schnell zu identifizieren. Sie entbindet den Kommunikator nicht, Diskussionen und Beiträge selbst zu prüfen und nach Schweregrad einzuordnen.

2: Zielgruppen-Targeting

Die Zielgruppen zum besten Zeitpunkt und im optimalen Kontext erreichen – das ist das Ideal jeder Kampagne. Dank KI lassen sich Streuverluste so stark minimieren wie möglich. Stichwort: Hyper Targeting. Semantische Kontextanalyse sorgt zum Beispiel dafür, dass Kunden, die ein Produkt bereits erworben haben, keine Anzeigen mehr dazu sehen. Die Analyse großer Mengen an Kundendaten kann auch dabei helfen, Insights für eine genauere Zielgruppenansprache zu erhalten: So hat die britische Hotelkette Jurys einen Zusammenhang zwischen großen Sportereignissen und Buchungen erkannt. Das Unternehmen hat daraufhin eine Website entwickelt, die sich speziell an Sportbegeisterte richtet und dort bereits Kunden auf Übernachtungsmöglichkeiten aufmerksam macht. Mit großem Effekt: So zielgerichtet angesprochen, hat sich die Conversion-Rate deutlich verbessert.

Ogilvy Deutschland setzte zuletzt im Frühjahr 2019 für die Deutsche Bahn auf Algorithmus-basiertes Targeting. Beworben werden sollten Super-Sparpreistickets, mit denen sich Deutschland ab 19 Euro bereisen lässt. In einem kleinen Budgetrahmen. Die Idee: Ein Algorithmus zur Bildersuche identifiziert deutsche Reiseziele, die berühmten internationalen Pendants ähnlich sehen – zum Beispiel die Rheinschleife in Nordrhein-Westfalen der Coloradoschleife im Grand Canyon. Ein weiterer Algorithmus ermittelt via Facebook-Daten Reisende, die sich für das internationale Ziel interessieren, sucht per Geotargeting nach dem nächstgelegenen Flughafen und in Datenbanken nach dem günstigsten Flug. Per Facebook Anzeige erhält der User dann ein unschlagbares Angebot mit beiden Alternativen – der Flugpreis versus dem 19-Euro-Bahnpreis ausgespielt. Alles vollautomatisiert. Das Konzept ging auf: viermal höhere Klicks auf den Seiten der deutschen Bahn im Vergleich zur Vorgängerkampagne, die mit herkömmlichen Facbook ads gearbeitet hatte. Gleichzeitig ließ sich der Cost-per-Click um rund 59 Prozent senken. Gerade wird die Kampagne mit einer Sommer-Ticket-Aktion fortgesetzt – diesmal mitsamt CO2-Vergleich zwischen ICE und Flugzeug.

3: Storytelling

Wie können KI und Storytelling zusammenkommen? Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Mitnichten: Geschichten neu zu erzählen, Technologie als Ergänzung zur menschlichen Kreativität zu nutzen und mit den Ergebnissen zu überraschen – dazu kann KI schon heute beitragen. Sie liefert die Muster, die den Menschen auf neue Gedanken bringt. Und Kreative weltweit nutzen KI auch bereits als Arbeitswerkzeug. Das französische AI-Start-up Mentalista sorgte in diesem Frühjahr mit einem KI-Fußballspiel für mediale Aufmerksamkeit. Ausgestattet mit Elektroden sollten zwei Spieler den Ball allein durch die Kraft ihrer Gedanken ins gegnerische Tor lenken. Das Prinzip: Der elektrische Strom in Gehirn wird mittels eines Algorithmus analysiert und in eine Ballaktion übersetzt.  

Ein weiteres aktuelles Beispiel: die Huawei-Kampagne zur Einführung des neuen Mate 20 pro gemeinsam mit Ogilvy Deutschland. Das Modell ist das erste Smartphone mit dualer KI und hat seine Leistungsstärke im Projekt „Sound of Light“ eindringlich bewiesen. Erstmals wurden die Polarlichter Nordnorwegens nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar: Eine eigens dafür entwickelte Software ermöglichte es der KI des Smartphones, die visuellen Faktoren der Polarlichter in Musik zu verwandeln. Dafür griff die KI auf einen Fundus an Kompositionen zurück, die ebenfalls von der Natur inspiriert sind, wie „Die Moldau“ oder „Die vier Jahreszeiten“. Basierend auf den Daten der KI vertonte der Komponist Mark Sayfritz die Schönheit der Aurora Borealis in einer Symphonie. „Sound of Light“ verbindet die Natur, Technologie und Kunst auf einzigartige Weise und hat nicht nur technologisch, sondern auch künstlerisch etwas völlig Neues geschaffen. Das honorierte auch das Publikum: Die Weltpremiere des Stücks wurde in 22 Märkten auf YouTube und Facebook übertragen und generierte einen Media Value von 173 Millionen Euro.

Unser Fazit

Drei Beispiele, die zeigen: KI und Automatisierung sind mehr als PR-Buzzworte. Die Technologien sind Analysten, Assistenten und kreative Sparringspartner zugleich. KI und Algorithmen ergänzen Monitoringtools, helfen, Zielgruppen zuzuspitzen und originelle Kampagnen zu kreieren. Jetzt gilt es nur noch, in Datenbasis und Knowhow zu investieren – und das Potenzial für die Kommunikation zu nutzen.

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